Mann und Frau

— Jg. 1932, Nr. 14 —

Eine Hauptrolle unter den vielen Minderwertigkeits- und anderen Komplexen, auf denen die völkische Weltanschauung aufgebaut ist, spielt die Sorge um die Stabilisierung der sexuellen Herrschaft des Männchens.

Die christliche deutsche Ehe liegt den Nationalsozialisten dringend am Herzen, denn in ihr hat der Mann in jeder Hinsicht das Heft in der Hand. Und so sehr die Frau als Stimmvieh geschätzt wird, so wenig hat sie nach nationalsozialistischer Auffassung in der Politik zu suchen, so wenig wird sie im Dritten Reich zu melden haben.

In Versammlungen darf sie zwar gehen; aber auch nicht in alle. Schon gibt es „Werbeabende“ der Sturm-Abteilungen, auf deren Ankündigungen man an der Stelle, wo sonst den Juden der Eintritt verboten wird, steht: „Frauen haben keinen Zutritt!“

Ist der Nazismus in mancher Hinsicht ausgesprochen römische Imitation, so sehen wir in seiner Stellung zur Frau ausgewachsenen Orientalismus sich breit machen. Die Verweisung der Frau in die Küche und ins Bett, d.h. ihre ausschließliche Bestimmung zu haushaltlieber und sexueller Funktion; die Ausschließung von politischen Rechten; die Abstempelung zum Besitzobjekt des Mannes, d.h. die Erzwingung streng monogamer Haltung der Frau (bei, nota bene, keinerlei Garantie für das gleiche Verhalten des Mannes); die geistige Unterernährung, die man der Frau zudenkt; die Absperrung von der Teilnahme an vielen Interessen des Mannes — das alles ist orientalisch. Diese Umgitterung der Welt der Frau, diese Verlötung durch Keuschheitsgürtel für Leib und Geist ist alttestamentlich und allgemein-östlich. […]

Wenn die Völkischen konsequent wären, würden sie unter ihre Programmpunkte auch die Wiedereinführung des Harems aufnehmen. Die Frau gehört hinter Gitter; Schleier vors Gesicht; Eunuch vor die Tür! Dann kann der Mann draußen die Welt regieren, wie er sich das so vorstellt.

Gottlob gibt es noch aufrechte Denker, die vor der letzten Konsequenz nicht zurückschrecken. Zwar hört man noch nicht die Forderung nach dem streng verschlossenen Frauengemach; aber immerhin ist schon ein völkischer Profet der Vielweiberei entstanden. Er heißt von Roithberg, ist Arzt und Rassenforscher, und hat im Hammer-Verlag eine Broschüre „Die ungenügende monogame Ehe“ erscheinen lassen. Es heißt in ihr:

„Heute stehen unsere westeuropäischen Anschauungen und christlichen Eheauffassungen in direktem Widerspruche mit dem Willen des Schöpfers … In der Zeit, da das Weib nur ein Kind austragen kann, kann der Mann sehr viele Kinder erzeugen. Gott hat das mit voller Absicht getan, damit sich der tüchtige, im Leben und in der Arbeit sich bewährende Mann eher vermehre als der Krüppel, Untaugliche und Arbeitslose. Er will die Hinaufzucht unserer Rasse, und das ist bei doppelgeschlechtlichen Einzelwesen nur dann zu erreichen, wenn wenigstens von dem einen Teil der beiden Geschlechter nur die besseren zur Fortpflanzung kommen. Als diesen Teil hat Gott den Mann ausersehen und polygam erschaffen … Gott hat den Mann nicht nur physisch, sondern psychisch polygam gemacht; wäre er nur körperlich polygam und seelisch monogam, so wäre dies ein Widerspruch. Gott aber kennt keine Halbheiten; es ist alles wohl durchdacht.“

Da ist die völkische Ideologie also auf streng legalem Wege ins Allerorientalischste gemündet: Der liebe Gott will’s! Und er weiß, was er tut; er „kennt keine Halbheiten“! Welch hohes Ziel beginnt da aufzuleuchten wie Montsalwatsch dem tumben Toren Parsifal: die Vielweiberei als sittliches Ideal und göttliche Forderung! Monogamie der Frau, Polygamie für den Mann! Juda ist überwunden: man ist schon bei Mohamed.

Das ist die Weltanschauung, nach der sich Neudeutschland unbewußt gesehnt hat! Freie Bahn dem Tüchtigen! Nieder mit den entsittlichten Marxisten, die auch der Frau das zugestehen, was sie dem Mann gestatten! Und hoch die Lehre semitischer Wüstenstämme: erotische Freizügigkeit dem deutschen Manne, aber Harem und Kindbett den deutschen Frauen!

1932, 14 Mara Bu

Wunder der Statistik. In Nr. 38 der „Weltbühne“ bespricht Ozzo Lehmann-Rußbüldt die Statistiken über den Waffenhandel, die der Völkerbund herausgibt. Er entdeckt dabei neben manchen anderen auch folgende Merkwürdigkeit: Nach der chinesischen Einfuhrstatistik hat China im Jahr 1925 für 5,4 Millionen Dollar Waffen und Munition eingeführt, davon für 3 Millionen aus Deutschland; nach der deutschen Ausfuhrstatistik hat Deutschland im gleichen Jahr für 400.000 Dollar Waffen nach China ausgeführt. — Wo die Differenz geblieben ist, das können einem vielleicht ein paar Munitionsschieber und das Reichswehrministerium sagen.

1929, 30