Er gilt als einer der mutigsten Journalisten der Weimarer Republik, der seine Wortgewalt und seinen Sprachwitz gezielt gegen politische Heuchelei, Nationalismus und Antisemitismus richtete: Erich Schairer.
Ernst Jäckh empfiehlt ihn als Nachfolger von Theodor Heuss nach Heilbronn, als Heuss den Posten des Chefredakteurs der Neckar-Zeitung aufgibt, um in Berlin Geschäftsführer des Deutschen Werkbundes zu werden. Wie Heuss hat auch Schairer für Naumanns Zeitschrift „Die Hilfe“ gearbeitet. 1918 übernimmt Schairer nicht nur den Posten von Heuss bei der Neckar-Zeitung, sondern gleich auch dessen Wohnung in der Lerchenstraße.
Doch bald überwirft er sich mit dem Verleger, der es nicht gerne sieht, dass Schairer Leugner der deutschen Kriegsschuld in seinem Blatt angreift. Als er in einem Artikel wieder gegen die Verfechter der Kriegsschuldlüge wettert, lässt er Schairers Text aus der Druckplatte herauskratzen. Die Zeitung erscheint am 15. November 1919 mit einem weißen Fleck auf der Titelseite. Noch am selben Tag dieses Presseskandals teilt der Verleger seinem Chefredakteur mit, dass er nicht mehr in der Redaktion zu erscheinen brauche.
Schairer gründet darauf kurzerhand die „Heilbronner Sonntags-Zeitung“, in deren erster Ausgabe vom 4. Januar 1920 er schreibt: „Wir leben dem Buchstaben nach in einer sozialen und demokratischen Republik. Aber der Geist des Sozialismus und der Demokratie, der Rücksicht, Verständnis, Wohlwollen und Gerechtigkeit bedeutet, ist nicht zum Leben erwacht. Diesem Geist wird diese Zeitung dienen.“ Die Heilbronner Sonntags-Zeitung ändert bald ihren Namen in Süddeutsche Sonntags-Zeitung, dann Sonntagszeitung, verbreitet sich in kurzer Zeit über ganz Deutschland und wird zu einem der bedeutendsten Wochenblätter. Stolz betont sie ihre Unabhängigkeit: „Die Sonntags-Zeitung wird künftig ohne Inserate erscheinen und den Beweis liefern, dass auch heute die Existenz einer Zeitung ohne Inserate möglich ist.“ Entschieden kämpft Schairer gegen den Aufstieg des Nationalsozialismus in der Weimarer Republik. So kündigt er noch im Oktober 1932 für seinen Verlag „Das Kleine Hitler-Album“ an, mit boshaften Karikaturen vom Illustrator der Sonntagszeitung, dem Holzschneider Hans Gerner. Im März 1933 wendet sich Schairer gegen die Zustimmung des Reichstags zum Ermächtigungsgesetz, die er als Selbstentmachtung des Parlaments« brandmarkt. So nimmt es nicht wunder, dass am 26. März 1933 die Sonntagszeitung mit nur einer Meldung erscheint: »Bis aufweiteres verboten«. Redakteure der Zeitung werden in Schutzhaft genommen, Schairer selbst muss sich täglich bei der Gestapo melden.
Nach dem Krieg wird Schairer zunächst Chefredakteur des Schwäbischen Tagblatts in Tübingen, bevor ihn die amerikanische Militärregierung nach Stuttgart holt. Schairer und sein Freund Josef Eberle werden die ersten Herausgeber der Stuttgarter Zeitung.