Versäumte Möglichkeiten

Paul von Hindenburg (* 2. Oktober 1847 in Posen; † 2. August 1934 auf Gut Neudeck, Ostpreußen) Totengräber der Weimarer Republik

— Jg. 1930, Nr. 49 —

Die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ hat dieser Tage auf die geradezu selbstmörderische Verblendung hingewiesen, mit der die Republik die unabweisbaren Bedürfnisse des deutschen Volkes nach Tamtam und Ordensgeklunker ignoriert. Es sei, ruft sie aus, ein Unfug, in einem Volke, dem die Freude am Soldatentum im Blute sitze, die Armee ohne Paradeuniform zu lassen, und wenn man die Orden abgeschafft habe und z.B. den Diplomaten als Ersatz Vasen, Zigarettendosen mit Brillanten und andere Kostbarkeiten überreiche, so wisse man eben einfach nicht, daß so was kein Ersatz sei, und daß damit niemals die moralischen und politischen Eroberungen zu machen seien, die etwa Frankreich mit seiner Ehrenlegion mache.

Etwas ist schon daran. Je schwerer es ein Staat hat, desto mehr sollte er sich um diese unwägbaren Dinge kümmern. Das deutsche Volk wäre wahrscheinlich viel leichter über die Beschränkung seiner Wehrmacht hinweggekommen, wenn man sie wenigstens mit prächtigen Paradeuniformen ausstaffiert hätte […]

So ist in den Ietzten Jahren aus unterdrücktem Verlangen heraus ein bedenkliches Vakuum entstanden, in das nun der geschmacklose, aber um die Bedürfnisse der Massen wissende Herr Hitler mit seinem forschen S.A.-Heerbann einströmt. Man fragt nicht mehr nach Programmen und Argumenten, sondern verlangt nach dem Apparat. Es ist bezeichnend, daß heute ohne große imponierende Aufmärsche mit Blechmusik keine Politik mehr zu machen ist. Eine tiefe Sehnsucht, von der Republik ignoriert, stillt sich aus sich selbst heraus. Die Herzen konnten den Weg zum Volksstaat nicht finden, nun finden sich die Hände zur Hosennaht, und es stellt sich wie von selbst die leichteste der Gruppierungen her: die Gruppenkolonne.

Was hat man nur den vielen Tausenden angetan, als man ihnen die Aussicht auf Orden nahm! Deren Zauber ist unleugbar. Ihr Besitz verlieh auch dem dürftigsten Dasein Farbe und Genüge. Es gab Höhepunkte des Lebens, wo man sich strahlend die Orden vorknöpfte und herausgehoben war aus dem Dreck; mochte nachher auch der Alltag wieder mies sein, das Geltungsbedürfnis wußte, daß es von Zeit zu Zeit Genüge finden konnte.

Die Republik hätte sich in den schwierigen Entwicklungsjahren dieser menschlichen Schwächen ruhig bedienen dürfen, ja müssen. Man ändert den Charakter eines Volkes nicht auf dem Verordnungsweg von heute auf morgen, und gerade so grotesk unwirkliche Dinge wie der Ordenszauber und anderes haben die zäheste Lebenskraft.

Dem gewaltsam trocken gelegten Amerika bricht der Alkohol aus allen Poren; das seiner dümmsten Dummheiten beraubte deutsche Volk schafft sich abseits vom Staat seine eigenen militärischen Paraden und seine Privatorden.

Man soll ein Pferd nicht am Schwanz aufzäumen, besonders wenn es ein altes Militärpferd ist.

1930, 49 · oha

Die große Trommel. Der „Völkische Beobachter“, das Organ der „Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei“, bringt folgende Anzeige: Große Trommel wird für die Musikabteilung der N.S.D.A.P. benötigt. Gefällige Angebote an die Musikabteilung der N.S.D.A.P. München, Corneliusstraße 12. — Herr Hitler ist von jeher für Schlagzeug gewesen.

1923, 15