Mit 78 Jahren ist in Heilbronn mein Onkel Abraham Gumbel, den Lesern dieser Zeitung als „Emel“ bekannt, sanft in das Land gegangen, aus dem es keine Wiederkehr gibt. lm Dorfe Stein am Kocher, wo unsere Ahnen seit über 200 Jahren ansässig waren, ist er geboren, in Heilbronn bestattet. Mit ihm starb einer der wenigen unabhängig denkenden, freien Menschen, die unser angebliches „Land der Dichter und Denker“ aufzuweisen hat. >>weiterlesen

Die Hohenzollern, denen es bekanntlich sehr schlecht geht, führen einen Rechtsstreit, um von der deutschen Republik eine Jahresrente von 1 1/2 Millionen herauszuschlagen. Sie glauben einen berechtigten Anspruch darauf zu haben, daß das Volk, das sie in die Tinte geritten haben, dafür auch ordentlich bleche. Damit sie standesgemäß weiterleben können. „Standesgemäß“, d. h. wie es ihnen paßt, vor allem aber ohne durch das entwürdigende Mittel der Arbeit das tägliche Brot herbeischaffen zu müssen. >>weiterlesen

Am 19. September 1902 ließ Wilhelm II. auf der Grimnitzer Heide ein Denkmal errichten, das vermeldete, daß er hier den 200. Hirsch „zur Strecke gebracht“ habe. Im Jahre 1900, beim Streik der Straßenbahnangestellten in Berlin, schickte Wilhelm II. an das Kommando des Gardekorps ein Telegramm, in dem es hieß: „Ich erwarte, daß beim Einschreiten der Truppen mindestens 300 Leute zur Strecke gebracht werden.“ >>weiterlesen

Die unheilvollen Kräfte, die Deutschland seit zehn Jahren ins Verderben gestürzt, rumoren unheimlich weiter. Es scheint, als ob die Masse dieses Volkes aus den blutigen und tragischen Lehren seiner Vergangenheit nicht das Mindeste gelernt habe. Vor allem nicht die Schicht, die einst selbst von sich rühmte, daß sie „Bildung und Besitz“ repräsentiere. Nicht die leiseste Erkenntnis ist ihr aufgedämmert, daß an dem Unglück Deutschlands nichts anderes die Schuld trägt, als der schrankenlos herrschende Gewaltkult, der zum Fanatismus gewordene Glaube an die Machtpolitik. >>weiterlesen

Eine unerfüllte Profezeiung Walther Rathenaus: „Wir stehen am Grabe der großkapitalistischen Epoche. Der Hochkapitalismus ist zu Ende, nicht das Kapital. Das wird uns alle lange überleben, gleichviel ob als Staats- oder persönliches Kapital. Doch der Hochkapitalismus als Weltbewegung ist – obwohl er im Westen seinen höchsten Gipfel noch nicht erreicht hat – ein gestorbener Koloß. Wir dürfen ihm seine Grabrede halten…“ >>weiterlesen

Während der letzten Monate sind bei uns eine ganze Anzahl Autoführer, die Verkehrsunfälle verschuldet hatten, zu harten Freiheitsstrafen verurteilt worden. Und vielleicht hat mancher Zeitungsleser sich darüber verwundert oder — je nach der Einstellung — die Verurteilten heimlich sogar bedauert. Aber mit Unrecht. Denn worum es sich hier handelt, das ist nur die deutsche Form eines Kampfes… >>weiterlesen

Der deutsche Reichstag ist am 21. März mit einer ungewohnten Feierlichkeit zusammengetreten: um sich selber zu Grabe zu tragen. Die Geschichte ist reich an Ironien. Aber ein Parlament, das sich selber in dieser Weise ausschaltet, eine parlamentarisch sanktionierte Diktatur wie die jetzige deutsche: das ist wirklich kein alltägliches Ereignis. >>weiterlesen

Der Sieg des Hakenkreuzes in Deutschland am 5. März ist der Sieg einer unerhört geschickten und stark auftragenden Propaganda. Wenn jetzt, wie man hört, für einen der Hauptregissöre des nationalsozialistischen Wahlfeldzugs, Herrn Goebbels, ein besonderes Propaganda-Ministerium geschaffen werden soll, so wäre das ein sinnfälliger Beweis dafür, welche Bedeutung von der Regierung selber einem von ihr so virtuos gehandhabten Instrument beigemessen wird. >>weiterlesen

Wenn diese Zeilen in Druck gehen, hat sich die „nationale Revolution“ im Anschluß an das Wahlergebnis vom 5. März in ähnlicher Form durchgesetzt, wie die Revolte 1918 nach der militärischen Niederlage. Damals hob sich keine Hand in Deutschland, das Kaiserreich zu verteidigen. Auch diesmal ist es ähnlich gegangen. Die Träger der Republik von Weimar haben erkannt, daß diese Epoche zu Ende ist. >>weiterlesen

Kommt es nur mir so vor, oder hat der neue deutsche Reichskanzler wirklich diese frappante Ähnlichkeit mit Wilhelm dem Zweiten von Hohenzollern? … Wer sich ihm entgegenstellte, den wollte er zerschmettern (z.B. die bösen Sozialdemokraten); er gedachte sein Volk herrlichen Zeiten entgegenzuführen; er war der Friedenskaiser und rutschte dann freilich in einen Krieg hinein. (Und den Krieg verlor er.) >>weiterlesen